Ono Jirōemon Tadaaki (? – 1628)
Die berühmte Schwertschule, auf der das moderne Kendo in Bezug auf Theorie und Techniken größtensteils basiert – die Ittō-ryū – wurde von Itō Ittōsai entworfen. Jedoch war es sein Schüler Ono Jirōemon Tadaaki, der die Schule und ihre Lehren während der Tokugawa-Periode stark weiterentwickelt hat. Er war zuerst als Mikogami Tenzen bekannt und hatte schon vor seinem schicksalhaften Treffen mit Ittōsai einen hervorragenden Ruf als Schwertmann.
Tenzen hörte, dass Ittōsai in der Nachbarschaft war und meldete sich sofort an, um dem legendären Krieger eine Herausforderung anzubieten. Bevor er sich mit dem Meister in einem Duell messen durfte, musste er mit dessen erstem Schüler und rechter Hand, Ono Zenki, fertig werden. Zenki, der ursprünglich eine Art Fährmann gewesen war, war ein Mann immenser Stärke und war auch sehr geschickt mit dem Schwert. Er war für einige Jahre ein engagierter Schüler Ittōsais gewesen und hatte die meisten Fertigkeiten seines Meisters in dem Maße in sich aufgenommen, dass er sich als ziemlich schwierig erwies. Arrogant im Auftreten dachte er sogar, dass seine Fähigkeiten die seines Meisters überstiegen.
Unnötig zu erwähnen, dass Zenki Tenzen mit Leichtigkeit schlug. Ittōsai gab Tenzen auch eine Chance aber das Ergebnis des Kampfes stand nie außer Frage. Da er in den Gefechten nicht getötet wurde, bat Tenzen darum, dass Ittōsai ihn unter seine Fittiche nehme und ihn die Geheimnisse des Schwertkampfes lehre. Von da an durchreisten die drei Krieger die Provinzen zusammen und schliffen ihre Fertigkeiten gegen zahlreiche ambitionierte Herausforderer.
1592 spürte Obata Kagenori, Militärausbilder der Tokugawa-Familie, Ittōsai auf und bot ihm eine Dienststelle bei den Tokugawa an. Das war für jeden Krieger ein Traumberuf aber Ittōsai lehnte ab und bot die Stelle stattdessen einem seiner zwei Schüler an. Aber welcher der beiden würde es sein? Beide mussten in einem Duell um die Ehre kämpfen. Es schien, dass Ittōsai eigentlich wollte, dass Tenzen gewinnt. Er zog Tenzen vor wegen seiner bescheidenen Art und Weise und lehrte ihn die geheime musō-ken-Technik um sicherzustellen, dass er die Oberhand über Zenki behalten würde.
Das Duell fand in Koganehara in der Provinz Shimōsa (Chiba) statt. Tenzen war in der Lage, Zenki zu besiegen und bewies, dass er der bessere Schüler war. Ittōsai gab ihm anschließend die Schriftrollen der Schule, den Titel des Schulleiter und das Schwert „Ziegelbrecher“. Was danach mit Ittōsai geschah weiß niemand aber Tenzens Karriere ist gut dokumentiert. Aber er war keineswegs ein sofortiger Erfolg, da er immer noch beweisen musste, dass er es Wert war, dem großen Haus Tokugawa zu dienen.
Obata Kagenori hatte immer noch seine Zweifel in Bezug auf Tenzen. Eines Tages kam ein Diener zu Kagenoris Akademie geeilt und informierte Tenzen, dass in einem Dorf ein Krieger herum lief, Leute tötete und sich generell in einer sehr respektlosen Art verhielt. Tenzens Mission war es, das verbrecherische Individuum zu stoppen. Als er ihm gegenübertrat, genoß der Verbrecher die Gelegenheit, sich an einem so berühmten Kämpfer auszuprobieren. Mit dem Schwert in der Hand sprang er aus seinem Versteck und attackierte Tenzen. Tenzen war zu schnell und bevor sein Gegner wusste, was passiert, hatte er beide Arme verloren. Tenzen wandte sich anschließend an Kagenori und fragte, ob er seinen Kopf nehmen solle. Der Befehl wurde gegeben und der Kopf wurde mit einem schnellen Schlag entfernt.
Doch das war immer noch nicht genug für die von Tenzen gewünschte Beförderung. Nicht lange danach wurde wieder um seine Diensten gebeten. Dieses mal allerdings war Tenzen stark erkältet und mit laufender Nase, Durchfall und hohem Fieber reiste er abermals ab, um noch mehr Schurken entgegenzutreten. Mit schwachen Knien stellte er sich seinen Feinden, die fortfuhren, ihn zu verfolgen. Tenzen fiel in einen Graben, aber sobald seine Feinde für den coup de grace näher kamen, führte er die perfekte Mähtechnik aus und schlitzte sie auf ihrem Weg auf. „Absolut prächtige Arbeit, alter Freund“, sagte Kagenori herzlich. Tenzen war, gelinde gesagt, verlegen und wollte nur noch zurück zu seinem Futon kriechen und sich verstecken.
Kagenori meldete den Zwischenfall an Tokugawa Ieyasu weiter. Er beschrieb Tenzen als einen Schwertkmann ohnegleichen. „Er ist, Herr, ein Dämon mit dem einschüchterndsten Auftreten und großer Stärke.“ Ieyasu soll geantwortet haben:“Es ist kein Dämon, den ich in meinen Diensten benötige. Es ist ein menschliches Wesen und der Umstand, dass er krank geworden ist und in den Graben fiel, ist dafür ein Beweis. Lasst ihn uns auf die Gehaltsliste setzen.“
Und so kam es, dass Tenzen wegen eines „umwerfenden Sieges“ angestellt wurde – umwerfend im wörtlichen Sinne. Er genoss eine illustre Karriere als Fechtlehrer von Hidetada und wurde mit dem Rang eines Hatamote beschenkt, mit einem Stipendium von 600 koku. Anders gesagt, es zahlt sich nicht immer aus, perfekt zu sein. Die eigenen Schwächen sind ein Beweis der eigenen Menschlichkeit.
Erschienen in: Kendo World Magazine 5.4, 2011, S. 24 – 25
Autor: Alex Bennett
Übersetzung: Stefan Alpers
Veröffentlicht mit freundlicher Erlaubnis des Kendo World Magazine