(Es sollte keinen Unterschied machen, welches Werkzeug du benutzt…)
Tsukahara Bokuden (1490 – 1571)
Einer der größten Schwertmänner Japans und Gründer der Kashima Shinto-ryū, die wiederum die Entwicklung von vielen großen Fechtern sah.
„Selbst jemand, der durch einen 6-shaku yari ausgeschaltet wird, wird immer noch einen Schwertschlag landen können. Eine Naginata ist viel kürzer als das. Wenn ich also aufgespießt oder aufgeschlitzt werde, können sie sich verdammt sicher sein, dass sie auch schweren Schaden erleiden werden. Mir wird zumindest ein guter Schlag garantiert.“
Alle Krieger denken über die Waffen nach, die sie benutzen. Sollten sie große oder kleine, lange oder kurze, leichte oder schwere benutzen? Sollten sie die Waffen benutzen, die sie gewöhnt sind? Ist es besser, eine lange Waffe zu benutzen, auch wenn sie mit ihr nicht umgehen können? Oder ist überhaupt ein langes Schwert besser als ein kurzes? Das sind alles Fragen, die ein Krieger bedenken muss.
Bokudens favorisiertes Holzschwert ist ein kostbarer Schatz des Yoshikawa Dōjō der Shinto-ryū geworden. Es unterscheidet sich in Länge und Form kaum von den im heutigen Kendo benutzten bokutō. Der legendäre Krieger Yamamoto Kansuke bemerkte zu der Schwertlänge, die Bokuden am liebsten benutzte:„Bokuden trug immer ein Schwert mit sich herum, das 2-shaku 4-sun lang war (76 cm). Wenn er allerdings zu einem Duell herausgefordert wurde, benutzte er ein 3-shaku langes Schwert (90 cm).“
Mit anderen Worten, er benutzte ein relativ kurzes Schwert zum Training, so dass er sich noch stärker antreiben musste, die nötige Distanz für einen Angriff zu überwinden. Wenn es dann hart auf hart kam, benutzte er üblicherweise ein längeres Schwert um seiner Fähigkeit, Distanz zu überwinden, mehr Durchschlagskraft zu geben.
Nun war Bokuden allerdings ein Mann voller Überraschungen und nahm einen sehr utilitaristischen Ansatz für das, was das Leben ihm in den Weg warf. Eines Tages wurde er zum Lehnsherr von Hino gerufen (heutzutage die Präfektur Shiga). Während er als Gast auf dem Schloss wohnte, sprang plötzlich einer der Gefolgsmänner hinter einem Schirm hervor und griff ihn an. Es scheint, dass der ziemlich ungastliche Gefolgsmann irgendwann in der Vergangenheit in Kyoto in ein Geplänkel mit Bokuden involviert war und nun versuchte, Rache für seine frühere Tracht Prügel zu nehmen.
Bokuden wich dem Angriff aus, zog sein wakizashi (Kurzschwert) und beseitigte den unsympathischen Schuft sofort. Natürlich war der Herr durch das Attentat seines Gefolgsmannes extrem in Verlegenheit gebracht worden, aber er musste Bokuden fragen, warum er es vorzog, sein wakizashi zu ziehen, obwohl er auch sein katana an seiner Hüfte hatte.
„Er war nah bei mir, als er mich angriff, also entschied ich mich, ihn mit meinem wakizashi aufzuschlitzen. So einfach ist das…“
Das ist das Standarddenken eines jeden Kriegers, der sein Salz wert ist aber es gibt noch eine andere Anekdote, die es wert ist, erwähnt zu werden und die sein Können als Krieger zeigt. Es geht um ein Duell mit einem bekannten naginata-Vertreter, der Kajiwara Chomon hieß.
Chomon besaß eine prächtige naginata, deren Klinge allein 1-shaku 4-sun (45 cm) maß. Er schliff seine Fertigkeiten, indem er ahnungslose Vögel im Flug erschlug und er sagte sogar seinen Gegnern, wo er hinschlagen würde, bevor er es wirklich tat. Er war ein wirklich mächtiger Krieger und viele seiner Zeitgenossen zogen es vor, einen großen Bogen um ihn zu machen. Bokudens ergebene Schüler waren gelinde gesagt besorgt. Bokuden versuchte, ihre Nerven zu beruhigen, indem er ihnen sagte, dass er nicht im Geringsten darüber beunruhigt sei, gegen den Typen mit dem größeren Stock zu verlieren.
„Wie es aussieht, habt ihr noch immer nicht die Prinzipien des Schwerts verstanden! Der Würgeri hat keine Skrupel, es mit einer Taube aufzunehmen, die fünfmal größer ist als er. Aber wenn ein Falke auftaucht, fliegt er so schnell wie ein geölter Blitz davon. Für die weniger guten Krieger sieht selbst die einfachste Technik beeindruckend aus. Das ist euer Problem, ihr Würger. Natürlich ist eine naginata eine lange Waffe. Es liegt nahe, dass sie Dinge aus größerer Distanz als ein Schwert schneiden kann. Aber lasst es uns aus einem anderen Blickwinkel betrachten. Es ist nicht einfach, jemanden zu schlagen, nicht mal mit einem 3-shaku langen Schwert. Die Naginata hat eine 1-shaku 5-sun lange Klinge und wird aus einer Distanz von 2 m gehandhabt. Nun sage ich euch, man muss schon ziemlich verdammt gut sein, jemanden aus dieser Distanz auszuschalten!
Abgesehen davon: Bevor jemand durch einen 6-shaku yari ausgeschaltet wird, wird er immer noch einen Schwertschlag landen können. Eine Naginata ist viel kürzer als das. Wenn ich also aufgespießt oder aufgeschlitzt werde, können sie sich verdammt sicher sein, dass sie auch schweren Schaden erleiden werden. Mir wird zumindest ein guter Schlag garantiert.“
Im Grunde sind Können, Waffenverständnis und die Entschlossenheit, mindestens einen gültigen Schlag zu bekommen bevor man stirbt, das, was Bokuden als die Hauptmerkmale eines Kriegers ansieht. Und genau wegen dieser Merkmale war Bokuden in der Lage, sich Kajiwara Chomon in einem sehr berühmten Duell in der Geschichte zu entledigen. Das „über kurz oder lang“ einer Prügelei hat nichts mit der Kürze oder Länge der Waffe zu tun, die man benutzt. Es ist ähnlich der Torheit eines schlechten Handwerkers, der seinem Werkzeug die Schuld gibt. Wir alle wissen, dass nicht die Werkzeuge zählen sondern die Leute, die sie benutzen.
Erschienen in: Kendo World Magazine 2.1 2003, S. 76 – 77
Autor: Alex Bennett
Übersetzung: Stefan Alpers
Veröffentlicht mit freundlicher Erlaubnis des Kendo World Magazine
iDie Würger (Laniidae) sind eine Vogelfamilie aus der Ordnung der Sperlingsvögel (Passeriformes).