(Werde ein böser Geist)
Iwama Kokuma & Tsuchiko Doronosuke
Details zu Geburt und Tod dieser beiden Schwertfechter sind unbekannt aber sie lebten in der Edo Periode.
„Ich werde vor dem Schrein sitzen und ein Kreuz in meinen Bauch schlitzen. Dann werde ich angeekelt meine Eingeweide herausreißen. Indem ich mein niederträchtiges Blut auf die Säulen des Schreins schmiere, werde ich zu einem bösen Geist, da ich den Ort für alle Ewigkeit heimsuchen und die Gärten in Ödnis voller Unkraut verwandeln werde, wo nicht einmal Füchse wohnen können.“
Bokuden hatte einen glänzenden Schüler mit dem Namen Morooka Ichiu. Er residierte dort, wo heutzutage die Präfektur Ibaraki ist und es wird gesagt, dass sein Können auf Augenhöhe mit dem des legendären Iizasa Chōisai war. Ungeachtet seines kämpferischen Könnens wurde dieser ziemlich unglückliche Mann von der Lepra heimgesucht. Seine Schüler verließen ihn scharenweise und es dauerte nicht lange, da blieben nur noch Negishi Tokaku, Iwama Kamakura und Tsuchiko Doronosuke an seiner Bettstatt zurück.
Die drei schlossen einen Pakt, dass sie, was immer auch kommen möge, bis zum bitteren, schuppigen Ende am Bett ihres Meisters bleiben wollten. Trotz ihres Versprechens dauerte es nicht lange, bis Negishi Tokaku den Anblick seines dahinsiechenden Mentors nicht länger ertragen konnte und sich entschied, sich aus dem Staub zu machen.
Die anderen beiden waren verständlicherweise aufgebracht. „Na, dieser miese, strohköpfige Typ. Vom Pfad des Mitleids abzuweichen und seinen Meister zu verlassen, während dieser verrottet, ist der verächtlichste, frevelhafteste Akt, der vorstellbar ist. Wir können ihn auf keinen Fall damit davon kommen lassen. Im Namen unseres Mentors, wir müssen an dem gemeinen Saftsack Rache nehmen!“
Sie verkauften ihre Schwerter und andere persönliche Gegenstände, um Essen und Medizin zu bezahlen, und verbrachten die nächsten drei Jahre damit, ihren Meister zu pflegen, bis er am Ende starb. Um Zu dieser Zeit kamen ihnen Gerüchte über einen genialen neuen Schwertmann in der Szene von Edo zu Ohren. Er war angeblich groß und stattlich und solle sogar die Manifestation des legendären tengu sein. Er war ein Meister der Mijiri-ryū Tradition und rühmte sich, viele Schüler aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten zu haben. Sein Name war Negishi Tokaku.
Ihre Zeit war gekommen, diesen Emporkömmling für seine Untaten zahlen zu lassen. Sie wussten, dass es schlechter Stil wäre, wenn sie beide ihn gleichzeitig herausfordern würden und außerdem hatten sie sowieso nur soviel Geld, dass einer die Reise nach Edo machen konnte. Sie zogen Strohhalme und Iwama gewann die Verantwortung, Negishi herauszufordern. Tsuchiko blieb zuhause und trug ein geschriebenes Versprechen zum Kashima Jingu Schrein.
„Um ein Gottesurteil zu vollstrecken ist mein Mitschüler Iwama Kakuma zu einer Reise nach Edo aufgebrochen. Möge die Macht der Götter während seiner Queste bei ihm sein.
Wenn er seine Mission erfolgreich beendet schwöre ich hiermit, dass wir beide den Rest unseres Lebens damit verbringen werden, die Lande zu bereisen und Schreine zu bauen, um die Gottheiten zu verehren. Wenn er versagt, werde ich seinen Weg fortsetzen. Sollte der unwahrscheinliche Fall eintreten, dass ich ebenfalls bei der Erfüllung unserer Mission versage, werde ich alle mir verbliebene Kraft sammeln und zurück zu diesem Ort kriechen. Ich werde vor dem Schrein sitzen und ein Kreuz in meinen Bauch schlitzen. Dann werde ich angeekelt meine Eingeweide herausreißen. Indem ich mein niederträchtiges Blut auf die Säulen des Schreins schmiere, werde ich zu einem bösen Geist, da ich den Ort für alle Ewigkeit heimsuchen und die Gärten in Ödnis voller Unkraut verwandeln werde, wo nicht einmal Füchse wohnen können.“
Es war durchaus ein Fluch, den er auf genau den Schrein zu bringen versprach, in dem die ehrwürdige Gottheit für Kampftraditionen residierte. Tsuchiko, obwohl offensichtlich psychotisch, war bewundernswert in seiner Entschlossenheit.
Währenddessen hatte Iwama seinen Feind gefunden und sie verabredeten, ihre Differenzen im neunten Monat des Jahres 1593 auf der großen Brücke vor dem Schloss in Edo beizulegen. Da allerdings Tokugawa Ieyasu vor kurzem erst die Regierungsgewalt an sich gebracht hatte, war er sehr darauf bedacht, den Frieden in dem Bezirk zu erhalten. Obwohl das Duell offiziell genehmigt war, kam ein Magistrat und konfiszierte ihre Schwerter. Es würde keinen Kampf auf Leben und Tod mit echten Schwertern geben. Nichtsdestotrotz durfte die Auseinandersetzung weitergehen.
Tokaku zog in protzigster Kleidung ein, im Kontrast zu den von Iwama getragenen schmutzigen, mausbraunen Lumpen. Auch darüber hinaus bot Tokaku eine einschüchternde Figur, verglichen mit seinem kleinwüchsigen Herausforderer. Nachdem ihre bokutō einige Male aufeinandergetroffen waren, stürmte Iwama auf Tokaku zu, umklammerte ihn und hievte ihn über die Brücke. Dann zog er einen Dolch aus seiner Tasche und steckte ihn symbolisch in das Geländer, während er einen lauten Triumphschrei ausstieß.
Wenn auch nicht tot, so war Tokakus Name doch irreparabel durch den Dreck gezogen und er suchte sich ein kleines Loch, in dem er sich verstecken konnte. Iwama und Tsuchiko wurden dagegen als Helden gelobt und sogar Ieyasu soll sehr beeindruckt gewesen sein, nachdem er die ganze Vorstellung bequem vom Schloss aus angeschaut hatte.
Menschen senden oft Gebete an himmlische Wesen, in der Hoffnung, dass ihre Wünsche erfüllt werden. Es gibt allerdings keine Garantien dafür, sich in einigen Fällen nur auf den guten Willen der Götter verlassen zu können. Manchmal müssen Menschen den Stier bei den Hörnern packen und das Undenkbare tun, zum Beispiel die Götter mit absolut blutiger Feindschaft zu bedrohen. Die eigentliche Moral dieser Geschichte liegt allerdings in der Tatsache, dass die beiden Männer sich nicht so sehr auf den Willen der Götter verließen, um ihren toten Meister zu besänftigen und Rache an dem verräterischen Tokaku zu nehmen. Sie erreichten es aus lauter unerbittlicher Verbissenheit.
Erschienen in: Kendo World Magazine 2.3 2004, S. 68 – 69
Autor: Alex Bennett
Übersetzung: Stefan Alpers
Veröffentlicht mit freundlicher Erlaubnis des Kendo World Magazine