Vorkriegs-/Nachkriegskendo und Nihon Kendo Kata

Im folgenden Video spricht Inoue Yoshihiko (8. Dan hanshi) über die Unterschiede im Kendo vor und nach dem zweiten Weltkrieg und über die Nihon Kendo Kata.

Das Video ist in Japanisch, man kann aber englische Untertitel einschalten.

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Übersetzung der Untertitel:

„Der Krieg endete vor ungefähr 70 Jahren. Die Art Kendo, die die Leute auf der ganzen Welt heute machen, ist Nachkriegskendo. Es ist wichtig, den Unterschied zwischen Vorkriegs- und Nachkriegskendo zu kennen. Nicht viele Leute verstehen das. Warum ist das so?

Die Leute praktizieren heute einen Kendostil, der im Wesentlichen in der unmittelbaren Nachkriegszeit neu erfunden wurde, der aber nach und nach zum alten Stil wieder zurückgeführt wurde. Den Unterschied zwischen altem und neuen Kendo abschätzen zu können ist äußerst wichtig um zu verstehen, was die Essenz von Kendo ist.

Die heutzutage praktizierte Art Kendo wurde dahingehend entwickelt, die Übenden nicht dazu zu ermutigen zu denken, dass sie ein „Schwert“ benutzen. Das ist die Realität. Der Fokus kehrte langsam zu dem Konzept zurück, dass das Shinai ein Schwert ist. Aber Kendo in der unmittelbaren Nachkriegszeit war darauf aus, die Idee zu eliminieren, dass das Shinai ein Schwert ist. Als Ergebnis wurde nach dem Krieg der Begriff Kendo – der Weg des Schwertes – nicht einmal mehr benutzt. Der Begriff wurde erst Anfang bis Mitte der 1950er Jahre wieder eingeführt. Bis dahin wurden Anstrengungen unternommen, Kendo vom katana zu lösen. Das ist ein wichtiger Punkt, den man im Gedächtnis behalten muss. Diesem Standpunkt entsprechend wurde jeder, sich auf Kampf beziehende, Fachausdruck vermieden.

Begriffe wie yatsuwari („acht Bambusstreben“) oder jurokuwari („sechzehn Bambusstreben“) wurden benutzt, um das Shinai buchstäblich als „Bambusschwert“ zu bezeichnen. Kendo beinhaltete zwei Akteure, die sich gegenseitig mit Bambusstöcken mit dem Ziel schlugen, Punkte zu erzielen. Darin liegt der größte Unterschied zwischen Vorkriegs- und Nachkriegskendo.

Im Vorkriegskendo bedeutete yuko-datotsu oder gültiger Schlag, den Gegner mit einem katana zu „zerschneiden“. Nichts anderes war von Bedeutung. Alles andere wurde als zufällig angesehen. So war es früher.

Vom späten 18. Jahrundert bis zu den mittleren 1930er Jahren wurde Kendo durch die heute als Nihon Kendo Kata bekannten Formen repräsentiert. Ursprünglich bestand diese Kata aus drei Formen. Diese wurden auf Techniken klassischer Schwertschulen basierend geschaffen. Sie wurden festgeschrieben und benutzt, um Kendo landesweit zu lehren.

Nach der friedlichen Tokugawa-Periode wurden die Schwertkampflehren nach konfuzianischen Idealen der „tugendhaften Staatsgewalt“ interpretiert. Die ursprünglichen drei modernen Kendo Kata Formen wurden entworfen, diese Ideale zu repräsentieren. Die erste Kata ist eine Technik die benötigten Fertigkeiten zu zeigen, etwas „richtig zu machen“. Aber etwas „richtig“ zu machen ist nicht notwendigerweise tugendhaft, es sei denn es wird mit Gnade und Güte ausgeführt. Das ist es, was die zweite Kate darstellt. Nach der Fähigkeit oder Stärke, Rechtschaffenheit zu verteidigen, dann die Erweiterung dieser Stärke durch Güte abgemildert, ist die dritte Kata der letzte Schritt, in der der Gegner gezwungen wird sich zu ergeben, ohne das ein Tropfen Blut vergossen wird. Dieses Merkmal gab es im traditionellen Kenjutsu nicht. Das ist der Beginn des Begriffs „Kendo“ und bis dahin wurde es ken-jutsu (Schwerttechniken) genannt.

Der Fokus verschob sich dahingehend, dass die Praktizierenden dem Weg des Schwertes entsprechend gewinnen oder verlieren. Das ist die Hauptvoraussetzung von Kendo, die viele nicht verstehen. Viele denken fälschlicherweise, dass die Schwertkunst von damals und heute die durch die erste der drei Kata dargestellten Ideale teilen. Es gibt einen großen Unterschied in dem philosophischen Unterbau. Die Übenden müssen das verstehen.“