Inoue Yoshihiko: Kendo Kata: Essence and Application (2003)
Kendo World Publications, ISBN 4-9901694-1-7
Während die Vorderseite dieses in englischer Sprache geschriebenen Buches die Spitzen zweier sich kreuzender Bokutos in einem Dojo zeigt, lacht einem von der Rückseite ein älterer Japaner entgegen: Inoue Yoshihiko, Kendo 8. Dan Hanshi, laut Vorwort Japans herausragendste Autorität in Sachen Kata und unter anderem Vorsitzender des AJKF Ausschuss für Kendo Kata. Das Buch ist eine Sammlung von Essays und Artikeln.
Nach einer kurzen Einleitung werden die Etikette vor und nach dem Tachiai (Kata Vorführung), die Tachi-no-Kata (die sieben Langschwertformen) und die Kodachi-no-Kata (die drei Kurzschwertformen) ausführlich und reich bebildert erklärt. Dabei sind die Seiten in zwei Spalten geteilt. In der ersten Spalte ist die Beschreibung der Kata in der Form von 1981 enthalten (Nippon Kendo Kata Kaisetsu-sho – Nippon Kendo Kata Lehrhandbuch). Da diese noch einige Fragen offen ließ, bzw. eine gewisse Interpretationsfreiheit zuließ, wurden noch die Koshukai Shiryo (Seminar Richtlinien) geschrieben, um den Übenden klare Anweisungen zu geben, wie die Formen auszusehen haben. Diese Richtlinien sind in der zweiten Spalte enthalten.
Außerdem gibt es zu einzelnen Punkten noch genaue Erklärungen, was warum durch die Richtlinien verändert wurde. Das klingt manchmal etwas haarspalterisch (z.B. bei der Beschreibung, wie weit die Klinge beim Stich in der dritten Form gedreht werden muss:“[…] In #3 sanbon-me and #4 yohon-me, the adjective „slightly“ is used, while „a little“ is used in #7 nanahon-me. They have exactly the same meaning. […]“) aber macht Sinn, wenn man erreichen möchte, dass der Übende eine möglichst genaue Anweisung bekommt, anhand derer er die Kata praktizieren und lehren kann.
Nach dem „praktischen“ Teil kommt dann die Theorie, nämlich ein Kapitel über die Philosophie, die hinter der Kata steckt. Angefangen mit der Frage, ob Kendo ein Sport oder Budo ist, bekommt der Leser erklärt, warum die ersten drei Formen einen eigenen Block in der Kata bilden, wie die vier anderen Langschwertformen mit dem yin-yang-Prinzip zusammenhängen und wie die drei Kurzschwertformen die Prinzipien von chotan-ichimi und muto no kokoro beinhalten. Dazu gehört eine kurze Einführung in das yin-yang-Prinzip und wie dessen Beziehung zu den diversen Kamae ist.
Den Abschluss dieses Teils bilden Erklärungen über die Hintergründe der Etikette. Dieser theoretische Teil ist für Nicht-Japaner und Nicht-Buddhisten nicht leicht zu handhaben, bietet aber interessante Anregungen zur Weiterbildung und die Erkenntnis, dass alles bei der Kata seinen Sinn hat. Man muss ihn nur erklärt bekommen und alles wird ein wenig klarer.
Den Abschluss des Buches bilden Fragen und Antworten mit Inoue Sensei sowie ein Glossar, in dem die im Buch verwendeten japanischen Ausdrücke erklärt werden.
Angesichts des Autors und des großen Informationsgehalt des Buches denke ich, dass dieses Buch in keiner Kendo-Buchsammlung fehlen sollte.